Kfz-Sachverständiger Ralph Schröter
Kfz-Sachverständiger Ralph Schröter

Hinweis: Diese Stichwortübersicht kann keine Rechtsberatung ersetzen! Einige Themen sind weitaus komplexer als dargestellt. Wenden Sie sich unbedingt an eine(n) Anwältin/Anwalt für Verkehrs- und Schadensrecht!

Ich vermittel gerne!

Die Nachbesichtigung eines Unfallfahrzeugs

 

Gern wird in Unfallsachen, welche fiktiv abgerechnet werden sollen, seitens der Haftpflichtversicherer an dem Gutachten des Geschädigten rumgemäkelt. Oft wird ein Prüfbericht(!) übersandt, in dem ein geringerer Reparaturaufwand berechnet und auf eine ganz leicht erreichbare, spitzen freie Werkstatt verwiesen wird, oder aber die Versicherung möchte von ihrem Recht auf Nachbesichtigung durch einen eigenen Sachverständigen Gebrauch machen. Oft wird der Geschädigte auch gern unter Umgehung des eigenen Rechtsanwaltes angeschrieben. Darf die Versicherung das?

 

Versuchen kann man es, ein Recht darauf besteht nicht.

 

In Anlehnung an BGH, Az: IV ZR 334/88, NJW 89, 3009 und zfs 89, 299, wonach der Geschädigte eines Verkehrsunfalls lediglich verpflichtet ist, ein Schätzgutachten eines Kfz-Sachverständigen vorzulegen, stellte das LG Kleve, Az: 3 O 317/98, zfs 89, 239, in seinem Urteil vom 29. Dezember 1998 klar, dass sich der Geschädigte nach einem Verkehrsunfall auf die von seinem Sachverständigen vorgenommenen Feststellungen zur Schadenhöhe verlassen darf. Eine Schadensregulierung ist nicht davon abhängig zu machen, dass der Geschädigte in eine Nachbesichtigung durch einen Fremdgutachter einwilligt.

 

Weißt das Schadengutachten eines Unfallgeschädigten  keine gravierenden Mängel auf, Vorschäden sind nicht vorhanden oder aber zu solchen sind im Gutachten bereits ausreichende Ausführungen gemacht worden und finden sich keine Anhaltspunkte für ein betrügerisches Verhalten, besteht kein Grund, der Versicherung eine Nachbesichtigung zu erlauben.

 

Zum  Nachbesichtigungsrecht hat das Landgericht Berlin in seiner Entscheidung vom  13.07.2011, Az: 42 0 22/10, ebenfalls deutlich Stellung genommen:

 

(…) Ist ein Kraftfahrzeug bei einem Unfall beschädigt worden, so kann der Geschädigte von dem ersatzpflichtigen Schädiger den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag gemäß § 249 Satz 2 BGB verlangen. Dieser Geldbetrag bemisst sich danach, was vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Eigentümers in der Lage des Geschädigten für die Instandsetzung des Fahrzeugs zweckmäßig und angemessen erscheint (BGH in ständiger Rechtsprechung, vgl. etwa BGHZ 54,82, 84ff.; 61, 346, 349f; 63, 182, 184ff.; Senatsurteil vom 20. Juni 1972 –VI ZR 61/71 = VersR 1972, 1024, 1025). Diese Ersetzungsbefugnis des § 249 Satz 2 BGB soll dem Geschädigten die Auseinandersetzung mit dem Schädiger darüber ersparen, ob die Herstellung durch den Schädiger nach § 249 Satz 1 BGB gelungen ist und vom Geschädigten als Ersatzleistung angenommen werden muss. Damit sie dieses Ziel voll erreichen kann, ist der Ersatz in Grenzen losgelöst von im Einzelfall von dem Geschädigten für die Schadensbeseitigung tatsächlich aufgewendeten Beträgen. Für das, was zur Schadensbeseitigung nach § 249 Satz 2 BGB erforderlich ist, ist ein objektivierender, nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten typisierender Maßstab anzulegen. Dafür stellt das Schätzungsgutachten eines anerkannten Kfz-Sachverständigen über die Höhe der voraussichtlichen Reparaturkosten nicht nur für das Gericht, sondern auch für den Schädiger eine sachgerechte Grundlage dar, sofern das Gutachten hinreichend ausführlich ist und das Bemühen erkennen lässt, dem konkreten Schadensfall vom Standpunkt eines wirtschaftlich denkenden Betrachters gerecht zu werden. Zwar ist es dem Schädiger unbenommen, durch substantiierte Einwände die Annahmen des Sachverständigen in Einzelpunkten in Zweifel zu ziehen. Solange aber keine Anhaltspunkte für gravierende Mängel bestehen, bleibt das Schätzgutachten eine ausreichende Grundlage für die Darlegung des Unfallschadens.

Nach den Bestimmungen des Versicherungsvertragsgesetzes hat der Haftpflichtversicherer zwar das Recht, vom Kläger Auskunft zu verlangen, soweit dies zur Feststellung des Schadensereignisses und der Höhe des Schadens erforderlich ist. Der Kläger war danach aber zur Vorlegung von Belegen nur insoweit verpflichtet, als ihm die Beschaffung billigerweise zugemutet werden konnte. Der Kläger schuldete daher allenfalls die Vorlegung von Belegen und nicht etwa die Vorstellung des Fahrzeugs zu einer Besichtigung durch Beauftragte der Beklagten (…).

Zwar dürfte eine Nachbesichtigung einen unfallgeschädigten Kraftfahrzeugeigentümer in der Regel nicht über Gebühr belasten, andererseits ergibt sich eine solche Verpflichtung aber nicht aus dem Gesetz und der Geschädigte schuldet auch keine Begründung dafür, warum er davon absehen will. Im vorliegenden Fall hat der Kläger der Beklagten (…) ein mit Lichtbildern des Fahrzeugs und aller daran festgestellten Schäden versehenes Gutachten eines zertifizierten Sachverständigen überlassen, in welchem nicht nur die Schäden beschrieben sind, sondern auch deren genaue Lage am Fahrzeug und ihr Umfang, ferner die zur Beseitigung erforderlichen Arbeiten. Dies genügt der dem Geschädigten in § 128 d Abs. 3 S. 2 VVG auferlegten Pflicht. Zu einer weiter ausdehnenden Interpretation der gesetzlich normierten Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten besteht kein Anlass. Die Überlassung eines beschädigten Gegenstandes zu Prüfungszwecken ist etwas grundsätzlich anderes als die Vorlegung von Belegen. Deshalb steht dem Kfz-Haftpflichtversicherer regelmäßig kein Anspruch auf Nachbesichtigung des unfallgeschädigten Fahrzeuges zu; etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn z. B. ein Verdacht auf betrügerische Geltendmachung von Unfallschäden vorliegt und behauptet wird, dass Vorschäden verschwiegen worden sind (vergleiche BGH, ZfSch 1989, 299; LG München, Urteil vom 20. Dezember 1990 – 19 S 11609/90 – und LG Kleve, Urteil vom 29. Dezember 1998 – 3 O 317/98 -: „Grundsätzlich darf der Geschädigte seinen Schaden allein auf der Grundlage des von ihm eingeholten Gutachtens abrechnen, sofern dieses Gutachten nicht derart gravierende Mängel aufweist, dass dessen Mangelhaftigkeit auch für ihn ohne weiteres erkennbar ist. Ein Anspruch auf Nachbesichtigung des Unfallfahrzeuges steht dem Schädiger grundsätzlich nicht zu.)”. Vorliegend gibt es weder Anhaltspunkte für eine Unredlichkeit des Klägers – selbst die Beklagten haben nicht behauptet, dass der Unfall nur vorgetäuscht gewesen ist, bzw., dass der Kläger auch unfallfremde Vorschäden abrechnet u.a. – noch ist das Gutachten des Sachverständigen erkennbar falsch oder mangelhaft. Die Beklagten haben vorprozessual gegenüber dem Kläger keine Angaben zu ihren Bedenken und Zweifeln an der Unfallkausalität der geltend gemachten Schäden gemacht. Die bloße Angabe, die Kalkulation des Sachverständigen sei nicht ohne weiteres nachvollziehbar, genügt jedenfalls nicht, um ein Nachbesichtigungsrecht mit der Folge einer zulässigen gänzlichen Zahlungsverweigerung zu begründen. (…)

 

LG Berlin, Urteil vom  13.07.2011

 

Und dann gibt es auch noch diese Prüfberichte....

 

Auch zu den genannten Prüfberichten gibt es aktuelle Urteile. Inhaltlich wird darauf hingewiesen, dass Prüfberichte der Versicherer, die nach den Vorgaben der Versicherer von Prüforganisationen (zum Beispiel „claim control“) erstellt werden und die ohne jede wirkliche Besichtigung des Fahrzeugs des Geschädigten angefertigt werden, nicht geeignet sind Zweifel an der Richtigkeit des von dem Geschädigten eingeholten Schadensgutachten zu erwecken. Die Prüfberichte können daher auch nicht zur Grundlage der Kürzungen der Versicherer gemacht werden.

 

Im einem Urteil vom 10.12.2020 zum Aktenzeichen 108 C 3195/19 führt ein Gericht aus:

 

"Der Prüfbericht ist im wesentlichen eine abstrakte Aufzeichnung von geringeren Stundenlöhnen ohne hinreichenden Bezug auf den konkreten Schadenfall. Die­sem Prüfbericht kommt keinerlei Beweiswert zu. Es stellt nicht einmal ein nach der ZPO zulässiges Beweismittel dar. Ein Sachverständigengutachten ist es - schon vom eigenen Anspruch her - nicht. Eine Urkunde kann es mangels Er­kennbarkeit des Ausstellers und Unterzeichnung durch denselben nicht sein. Ein Zeugenbeweisantritt, der den Anforderungen des § 373 ZPO genügt, kann darin nicht erblickt werden. Der Prüfbericht ist ein Computerausdruck ohne jeden Be­weiswert.''

 

AG Berlin-Mitte, Urteil vom 21.01.2022, Az. 101 C 41/20 V

 

Beim AG Berlin-Mitte begründet das wie folgt: Dem Geschädigten und dem Gericht werde allein ein aus sich heraus nicht verständliches Zahlenwerk mit einem ebensolchen Abschlusssaldo vorgelegt. „Es ist nicht ersichtlich, dass sich die Fachkenntnis des ausstellenden Sachverständigen auf Kraftfahrzeuge bezieht. Jedenfalls fand eine persönliche Inaugenscheinnahme des am Pkw des Klägers eingetretenen Schadens nicht statt und entfiel daher als notwendige Grundlage für sachverständige Feststellungen.“ Der Geschädigte müsste seine Restitutionsentscheidung auf unsicherer Grundlage treffen.

 

Der Geschädigte darf nach dem von ihm eingeholten Gutachten abrechnen und reparieren lassen und sollte dies auch konsequent durchsetzen. Hierbei baut der Geschädigte am bestenfalls auf eine engagierte Unterstützung durch eine(n) Fachanwältin / Fachanwalt für Verkehrsrecht.

 

 

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